Wenn alles ans Licht kommt
In der Schweiz ist schätzungsweise jedes 20. Kind ein Kuckuckskind. Kommt die Wahrheit ans Licht, ist das Chaos perfekt: Kinder auf Wurzelsuche, Mütter mit Gewissensbissen und machtlose Väter.
In der Schweiz geht man davon aus, dass in jeder Schulklasse ein Kuckuckskind sitzt. Darüber reden will verständlicherweise kaum jemand. Aber das Schweigen kann fatale Folgen haben. Für die Väter, für die Mütter, vor allem aber für die Kinder.
Ein Kuckuckskind bleibt man auch als Erwachsener. Agatha hat die Wahrheit erst mit 44 Jahren herausgefunden. Viele Jahre hatte ihre Mutter ein Verhältnis mit einem Priester, einem Freund der Familie. Als sie von ihm schwanger wurde, taten die Eltern so, als sei es ein weiteres Kind des Ehemannes. Mit diesem hatte die Mutter schon fünf Kinder. Das Mädchen wuchs heran und hatte schon früh das Gefühl, dass es irgendwie nicht in die Familie passte. Agatha belasteten diese Gefühle und sie dachte "mit mir stimmt etwas nicht". Und manchmal auch "vielleicht bin ich das Kind von einem anderen". Aber das laut zu fragen, traute sie sich nicht. Das tut man ja auch nicht: die Eltern in Frage stellen. Und was, wenn der Verdacht nicht stimmt?
Es folgten im Erwachsenenalter eine Reihe von mehr oder weniger erfolglosen Psychotherapien. Kein Wunder, es war eine Suche auf der falschen Fährte. Kurz vor dem Tod des sozialen Vaters wagte sie endlich die Mutter zu fragen und bekam keine Antwort. Aber sie ließ nicht locker. Ein Gentest brachte schließlich die Wahrheit an den Tag. Der Pfarrer ist ihr Vater. "Ich hätte mir gewünscht, dass es anders wäre. Gleichzeigt bin ich wahnsinnig erleichtert endlich zu wissen, von wem ich stamme". Agatha geht es seitdem viel besser.
Es sei für sie nicht so wichtig, wer nun der biologische Vater sei, schließlich habe ihr sozialer Vater sie gut begleitet. Nur das zähle. "Aber ich hätte es gerne gewusst. Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht. Die Wahrheit über meine Herkunft hätte mir viel Leid erspart und meiner Mutter wahrscheinlich auch". Sie musste ja mit dem Geheimnis leben. Das müsse doch der Horror gewesen sein, sagt Agatha. Leider ist es zu spät für Fragen. Die beiden Männer sind gestorben, die Mutter ist dement und nicht mehr in der Lage darüber zu reden.
Agatha hat sich für den Schritt an die Öffentlichkeit entschieden, weil sie möchte, dass man über die "heimlichen Kinder", wie sie diese lieber nennt, redet. Denn das Thema ist nach wie vor ein Tabu. Viele wissen von einem Fall im Bekanntenkreis, aber immer ist alles geheimnisumwittert und soll ja nicht weitererzählt werden.
Darum sollten auch die Eltern ihre Probleme lösen und nicht die Kinder damit belasten. Denn für die Kinder zählt nicht in erster Linie, welche Gene sie in sich tragen. Das Wichtigste ist für die Kinder eine verlässliche Beziehung zu Menschen, die sie nicht anlügen.
Die siebenjährige Elina weiß: "Ich habe eigentlich zwei Väter, aber gemacht hat mich eher der Thomas". Sie kennt ihren leiblichen Vater und findet das normal.
Ganz anders Martin. Er ist überzeugt, der biologische Vater einer Tochter zu sein. Da die Mutter aber mit einem anderen Mann verheiratet ist, hat er rechtlich keine Chance, das herauszufinden. Aber er hat Glück, das Gericht hat jetzt einen Gentest veranlasst. Er wartet auf das erlösende Resultat." www.3sat.de
12. Februar 2014
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