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3SAT 15.10.2019 - Trauern braucht Zeit

Im Leben von Patrick, 39, und seinen Kindern Raphael, 12, und Leonie, 9, ist nichts mehr, wie es war, als Eveline völlig unerwartet an einer Hirnblutung stirbt. Der Schock über den plötzlichen Verlust von Frau und Mutter ist gross, die Anteilnahme ebenfalls - bis zur Beerdigung. Danach fühlt sich die Familie alleine gelassen und zunehmend unter Druck gesetzt, wieder «normal» zu funktionieren.

Doch wie kehrt man zur Normalität zurück, wenn einem der Boden unter den Füssen weggezogen wurde? Ursula Brunner begleitet in ihrem Film die Familie von Patrick durch dieses schmerzhafte Jahr, zeigt aber auch, wie die Familie mit der Zeit wieder Halt findet.

Nicht wahrhaben wollen, Aggression und Wut auf das Schicksal oder den Verstorbenen, totale Überforderung und Mutlosigkeit: Nach einem Todesfall erleben Angehörige emotionale Achterbahnfahrten. Wie lange darf dieser Ausnahmezustand dauern? Wie findet man die Balance zwischen Aushalten und Ablenken?

Das erste Jahr sei das Schlimmste, sagt man. Geburtstage, Weihnachten, Ferien: Dort zeigt sich die grosse Lücke, die ein geliebter Mensch nach seinem Tod hinterlässt, ganz besonders. Man möchte die Zeit zurückdrehen, dieses noch sagen, jenes noch zusammen unternehmen, Versäumtes nachholen. Man war sich sicher, noch viel Zeit zu haben. Doch der Tod ist endgültig. Und während man versucht, den Schock zu verarbeiten, türmen sich die Bürokratie und der Alltag vor einem auf. Viele Dinge müssen erledigt, beantwortet, organisiert werden. Neben Unverständnis und dem Druck von aussen, möglichst schnell wieder zu funktionieren, erlebt die Familie während dieses Jahres auch viel Mitgefühl.

So ist Patrick froh, lässt ihm sein Arbeitgeber Zeit. Er kann selber bestimmen, wann er wieder in den Arbeitsalltag einsteigen will. Die beiden Kinder verarbeiten ihre Trauer sehr unterschiedlich, und dafür zeigt die Schulbehörde Nachsicht. Während für Leonie die ersten Monate schlimm sind, zeigt sich die Trauer bei Raphael erst später. Der Vater ist froh, haben die Lehrpersonen auch nach einem Jahr noch Verständnis, wenn seinen Sohn während des Unterrichts Erinnerungen einholen und er - von aussen gesehen aus dem Nichts - weinen muss.

Wann ist es Zeit, Regeln, die vor dem Todesfall galten, wieder einzuführen? Sind die Wutausbrüche normale Zeichen der Pubertät? Oder ist das auf den Tod der Mutter zurückzuführen? Kinder trauern anders als Erwachsene. Aggression und Wut richten sich auch gegen den Vater. Dabei will er alles richtig machen, seinen Kindern das Leiden erleichtern und ihnen die fehlende Mutter ersetzen. Patrick fühlt sich oft hilflos und überfordert. Der Kontakt mit einer Kinderpsychiaterin hilft ihm und den Kindern, einander besser zu verstehen. Schlussendlich ist es die Zeit, die heilt.

Nach einem Jahr sagt Patrick: «Freude und Spass mussten wir wiederfinden, ohne Eveline. Aber ich denke, das haben wir wiedergefunden, je länger, je mehr. Es ist so, es wird einfacher. Obwohl es nie mehr so sein wird, wie es war.»

15. Oktober 2019 | Erziehungsberechtigte/Institutionen | Unterricht