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Heute leben fast sieben Millionen Menschen mit Alzheimer. 2020 wurde das erste französische "Alzheimer-Dorf" im Departement Landes eröffnet. Eine Mustersiedlung, die einem echten Dorf mit Geschäften und Mediathek ähnelt. Ein normal wirkendes Leben, ohne weiße Kittel, an einem abgeschlossenen Ort, wodurch die verbliebene Selbstständigkeit der Kranken stimuliert werden soll.
Heute leben in Frankreich 900.000 Menschen mit Alzheimer, europaweit sind es sieben Millionen. Diese Zahlen könnten sich Schätzungen zufolge bis 2050 verdoppeln.
Im Juni 2020 öffnete das erste französische Alzheimer-Dorf in Saint-Paul-lès-Dax, im Departement Landes, seine Tore. Die einem niederländischen Modellversuch folgende Einrichtung sieht aus wie ein richtiges Dorf mit Läden, Friseursalon und Mediathek. Diskret von der Außenwelt abgegrenzt, leben hier unter normal wirkenden Bedingungen 120 Bewohner und ebenso viele Pflegekräfte, die keinen Kittel tragen dürfen. Ein familiärer Rahmen, der eine gewisse Lebensqualität aufrechterhalten und die verbliebene Selbstständigkeit der Kranken stimulieren soll.
Nach nur zwei Jahren konstatieren die Pflegekräfte bereits Verhaltensfortschritte bei den Kranken. Dieses Modellprojekt wird seit Beginn von Wissenschaftlern der staatlichen französischen Forschungseinrichtung INSERM begleitet. Die für 2025 erwarteten Ergebnisse könnten ausschlaggebend für den künftigen Umgang mit der Alzheimer-Demenz werden, die bereits heute als „Jahrhundertkrankheit“ bezeichnet wird.
Der 28-jährige Valentin Chu tritt im Dorf seine Arbeit als Krankenpfleger an. Nach sechs Jahren geriatrischer Pflege in der Pariser Region weiß der junge Mann, dass sich die Fachkräfte in Krankenhäusern aus Zeitmangel nicht um alles kümmern können, sondern Prioritäten setzen müssen. Hier im Dorf wird sich seine Arbeitsweise erheblich verändern. Vor allem muss er den Patienten zuhören und ihre medizinische Behandlung weitestgehend einschränken - und alles ohne Kittel! Da es keine Abhilfe gegen die Alzheimer-Krankheit gibt, wird er „Pflege durch Beziehung“ entdecken.
Der 72-jährige Francis Lalanne lebt auf eigenen Beschluss im Dorf. Da er dabei war, sein Gedächtnis und seine kognitiven Fähigkeiten zu verlieren, fürchtete er, zur Gefahr für sich selbst und andere zu werden. Jeden Tag kämpft der ehemalige Maisbauer darum, das Fortschreiten der Krankheit zu bremsen: Er beteiligt sich an den im Dorf angebotenen Aktivitäten und tauscht sich, soweit möglich, mit den anderen Dorfbewohnern aus.
Patricia Perez ist Pflegehelferin – hier „Dame des Hauses“ genannt. Mit Humor, Sanftmut, Aufmerksamkeit und Wohlwollen kocht sie für die Dorfbewohner, hilft ihnen bei der Hausarbeit und begleitet sie bei ihren täglichen Verrichtungen. Sie ist auch an ihrer Seite, wenn sie demenztypisch auf dem Gelände herumirren oder Angstkrisen erleiden. Aus der Überzeugung heraus, dass sich die Betreuung der Alzheimer-Kranken grundlegend verändern muss, hatte sich Patricia nach 20-jähriger Arbeit in einem Pflegeheim sofort nach der Eröffnung des Dorfes hier für eine neue Arbeit beworben.