Was soll das denn eigentlich bedeuten: gelassen sein? Schottet sich der Gelassene von der Welt ab? Ist ihm alles, was um ihn herum geschieht, egal? Oder ist er einfach jemand, der in der Lage ist, sich nicht aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen, Ruhe und Nerven zu bewahren, wo andere nervös und fahrig sind?
Gelassenheit ist jedenfalls keine Tugend, sie ist auch niemandem angeboren, sie ist eine Einstellung zur Welt. Eine mit Tradition, könnte man sagen, denn von der Antike (Stoiker) über das Mittelalter (Meister Eckhart), den Buddhismus bis in unsere unmittelbare Gegenwart steht diese Haltung zur Debatte. Seit der Moderne, also seit dem späten 19. Jahrhundert, seit Beginn des nervösen Zeitalters (Richard Krafft-Ebing), gilt Gelassenheit einerseits als Erstrebenswert im Sinne von innerer Ruhe, andererseits aber auch als abzulehnende Haltung, weil sie dem Vitalismus und dem Glauben an die Grenzenlosigkeit widerspricht.
Gelassenheit: eine ambivalente Haltung zur Welt, die jeden von uns ständig beschäftigt - weil wir gelassen sein wollen und uns zugleich davor fürchten, gelassen den Anschluss zu verpassen.