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Der Sozialpsychologe Harald Welzer spricht mit Johannes Kaup darüber, wie man in der Wahrnehmung der eigenen Endlichkeit Dinge schärfer und klarer sieht und weiß, wie man gelebt haben will.
Harald Welzer ist einer der meistgelesenen deutschsprachigen Sozialforscher der Gegenwart. Im Jahr 2020 erlitt der umtriebige Wissenschaftler einen Herzinfarkt. Der existenzielle Schock motivierte ihn zu einer radikalen Auseinandersetzung mit unserer Kultur und mit sich selbst. Die Erkenntnisse flossen in sein Buch "Nachruf auf mich selbst – die Kultur des Aufhörens". Darin zeigt Welzer an vielfältigen Beispielen, dass unsere Kultur kein Konzept des Aufhörens kennt. Sie lebt von einer Steigerungs- und Wachstumslogik.
Heute werden Autobahnen und Flughäfen für Zukünfte gebaut, in denen es immer weniger Autos und Flugzeuge geben wird. Unsere Gesellschaft versuche durch Optimierung unsere Zukunftsprobleme zu lösen, analysiert Welzer. Nur ist ein optimiertes Falsches immer noch falsch. Damit verbaut sie unserer und den nachfolgenden Generationen viele Möglichkeiten, das Leben durch Weglassen und Aufhören besser zu machen. Unsere Kultur habe den Tod genauso zur Privatangelegenheit gemacht, wie sie die Tatsache ignoriert, dass unsere Erde Grenzen hat. Wie findet man aus den Absurditäten dieser gesellschaftlichen Entwicklung heraus? – Harald Welzer schlägt vor, rechtzeitig einen Nachruf auf sich selbst zu schreiben. In der Wahrnehmung der eigenen Endlichkeit sieht man die Dinge schärfer und klarer und man weiß, wie man gelebt haben will.
In Kooperation mit der Tageszeitung "Die Presse".