Es ist richtig, dass in vielen psychosozialen Arbeitsfeldern Supervision und Teambesprechungen fixer Bestandteil der Arbeitszeit ist. Bei Lehrerinnen/Lehrern findet dies so nicht statt. Auf alle Lehrer/innen angewendet würde dies auch Unsummen verschlingen.
Es gibt allerdings durchaus Möglichkeiten, die erforderlichen psychohygienischen Aspekte auch in einen "normalen" Lehreralltag einzuführen.
a) Gespräche im Kollegenkreis: Sie sind die erste Stufe heraus aus der Isolation, die Brunout und berufliche Vereinsamung hochgradig begünstigen. Diese Gespräche beginnen bei einfachen Pausengesprächen, die oft schon entlastend sind und gehen bis zu institutionalisierten Gesprächsrunden in Schulen, die im Fachjargon auch als Intervision bezeichnet werden. In den 1920er Jahren entwickelte der ungarische Arzt Michael Balint (seine bekannte Publikation heißt 5-Minuten pro Patient - man vergleiche, ob sie vielleicht noch immer aktuell sein könnte), der psychoanalytische Gesprächsrunden für Ärzte. Dabei trifft sich eine Runde von Ärztinnen/Ärzten, um die eigene Praxis zu besprechen und zu reflektieren. Die/Der Psychoanalytiker/in, die auch außerhalb des Kreises im Hintergrund sitzt, kommentiert nur, wenn sie/er direkt angesprochen wird bzw. wenn etwas auffällt. Sehr rasch wurden die Balint-Gruppen auch für Lehrer/innen adaptiert und verlaufen nach dem identen Muster.
Lässt man die/den Psychoanalytiker/in weg oder bestimmt man jemanden aus der Runde als Beobachter/in, die nämliche Aufgaben hat, hat man bereits ein kostenfreies und in der Sache hochkompetentes Modell installiert.
b) Schulübergreifende Gesprächsrunden: das oben vorgestellte Modell wagt den Schritt aus der eigenen Schule und wendet sich an Kolleginnen/Kollegen aus einer benachbarten Schule. Dies erscheint als interessante Weiterentwicklung, da unterschiedliche "Schulkulturen" wertvolle Impulse geben können.
c) Gespräche mit Beratungslehrerinnen/Beratungslehrern: Die Beratungslehrer/innen bieten in den Bezirken regelmäßige Sprechstunden an, die auch von Gruppen genützt werden können. Beratungslehrer/innen haben eine spezielle Ausbildung in beraterischen Methoden und können also sicherlich hilfreich Reflexionsrunden begleiten, ohne Supervision im klassischen Sinn zu bieten.
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