Vorstellungen: 09. und 10. April 2019 - 19:30 Uhr
Ort: Werk X Oswaldgasse 35a 1120 Wien
Kartenbestellung: einmaligesgastspiel(at)gmx(dot)net
Wir bitten dringend, Karten zu reservieren, um Enttäuschungen an der Abendkassa zu vermeiden.
Gabriela Hütter, Katrin Kröncke, Eva Linder, David Ketter, Hagnot Elischka
Regie: Jan Jedenak
Selten gibt es diese atemlose Stille im Theater. Wenn sich das Publikum selbstvergessen, ganz dem Bühnengeschehen hingibt. Wie schon in der vorhergehenden Produktion, folgt das Publikum auch der Performance "TRAUMA !" mit höchster Aufmerksamkeit. Man spürt, dass die Schauspieler Rollen verkörpern, die kein Autor erdacht hat, die keine Bühnenfiguren sind, sondern lebende Zeitgenossen. Menschen die wir kennen könnten. - Und wir erkennen, dass auch wir Traumata erlebt haben. Wer kennt nicht Flashbacks aus seinem Leben. Prägende Erlebnisse, die sich gegen unseren Willen plötzlich wichtig machen und uns beherrschen.
Das ist wirklich stark - und trotz dieses Inhalts auch irgendwie poetisch und stellenweise sogar witzig - man ist amüsiert, aber dennoch auch alarmiert durch vorherige Nachrichten und theoretische Erwägungen. So bleibt etwas offen, in Schwebe, und in diesem Raum entsteht eine leise Beglückung (ist es das Glück, ein Stück weit erkannt zu werden?).
Ernst A. Grandits/3sat-Kulturzeit
Die Schauspielpatienten der Psychiatrie im AKH Wien, zeigen diesmal ein Kunstprojekt über den Themenkomplex Traumatisierung. Alle DarstellerInnen wurden durch die Nominierung zum NESTROY-Spezialpreis/Wien 2010 ausgezeichnet.
Fachlich begleitet und z.T. gespeist wurde die Produktion von Seiten der wissenschaftlichen Traumatologie und auch von einigen nahestehenden Psychiatern und Psychologen. Welch faszinierende Ergebnisse bei Zusammenarbeit von Wissenschaft und Kunst entstehen können, wird hier wieder augenscheinlich.
“Ich war nach den neunzig Minuten völlig perplex und glücklich! So etwas Schönes und gleichzeitig Gefährliches habe ich noch nicht am Theater erlebt.“
Dr. Erika A.
Dramaturgin und Dramaturg des Ensembles waren während der Recherchearbeiten für “PSYCHIATRIE !“ auf Ergebnisse der Traumaforschung gestoßen, von denen sie zuvor kaum Kenntnis gehabt hatten. Es faszinierte, dass diese Erkrankung jedem Gesunden - aus dem normalen Leben heraus - widerfahren kann. Die Neugier diesem Thema gegenüber ließ sie auch später nicht los. Sie hatten mittlerweile erkannt, welche gesellschaftliche Wichtigkeit in diesem jungen Forschungszweig liegt - und es entstand der Gedanke, dieses neuerworbene Wissen als Kunstprojekt an die Öffentlichkeit zu bringen. (Wir hatten zuvor die Produktion "PSYCHIATRIE!" erarbeitet, die es in der Folge bis zur NESTROY-Nominierung brachte.)
Es war bis zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst gewesen, welch ein vielfältiges und umfassendes Gebiet sich bei näherer Beschäftigung auftun würde. Die aus den Recherchen entstandene Produktion "TRAUMA!" stieß dann auf sehr starkes Publikumsinteresse. Sie erzählt über Hirnforschung, Aspekte der Traumaforschung, z.B. der “Posttraumatischen Belastungsstörung“, über Probleme der Kommunikation, über Mut im Alltag und generell über spezielle Extremsituationen des Lebens und deren Verarbeitung. Sie ist ein entschiedener Versuch, dieses Krankheitsbild zu entstigmatisieren und sie zeigt, dass durch die Übersetzung in ein künstlerisches Medium Realität begreifbarer werden kann.
Zwar sind seelische Verletzungen und ihre Folgen seit der Antike bekannt und werden seitdem von Literatur wie Wissenschaft als Krankheitsbild beschrieben. Trotzdem hat es bis 1980 gedauert, dass ein Resultat der umfassenden Erforschung seelischer Folgen bei Opfern militärischer, ziviler, privater Katastrophen im Regelwerk der Weltgesundheitsorganisation, ICD9, veröffentlicht werden konnte.
"Psychisches Trauma" ist zu verstehen als seelischer und/oder sogar körperlicher Abdruck, den das Erlebnis in den Hirnstrukturen der betroffenen Person hinterlassen hat. Es entsteht nicht aus körperlicher oder genetischer Prädisposition wie die "normalen" psychischen Krankheiten.
Zu einer Traumatisierung kommt es, wenn ein Ereignis die psychischen Belastungsgrenzen des Individuums übersteigt und daher nicht mehr adäquat verarbeitet werden kann. Laut Traumatherapeuten handelt es sich um “die Reaktion von normalen Menschen auf eine unnormale Situation“.
CREDITS
web-STANDARD
derstandard.at/1308679707541/Theaterperformance-Flashback-in-die-Psycho-Hoelle
web-STANDARD
derstandard.at/1319182146865/Psychiatrie--Schauspielerei-Ich-habe-das-alles
Da die Wiener Print-Medien kaum noch über die freien Arbeiten der darstellenden Künste berichten, stellen wir hier einige ZuschauerInnen-Mails vor, um vielleicht auf diesem Weg eine Ahnung über diese Produktion zu vermitteln:
? Liebes Team,
ich möchte mich für die Vorstellung, die ich am 14. Juni gesehen habe, wirklich bedanken! Ich weiß, das klingt irgendwie enthusiastisch und scheint mir gar nicht adäquat Ihrem Stil, aber ich habe so Vieles an Anregungen und Fragen bekommen (ich arbeite als Psychologin in einer Klinik), das ich noch lange mit meinen Leuten bereden werde müssen + können. Ich habe mir 2x Ihre "Psychiatrie" angeschaut und war der Meinung, das gehe nicht mehr zu toppen. Aber dieses jetzige Stück ist noch komplexer und erzählt noch mehr einander durchdringende und überlagernde Geschichten vom Da-Sein und ist irgendwie noch stärker und eindringlicher geworden. Ich war nach den neunzig Minuten völlig perplex und glücklich! So etwas Schönes und gleichzeitig Gefährliches habe ich noch nicht am Theater erlebt.
Und die Idee, diesen Filmausschnitt aus den 50ern hineinzunehmen - man ist ein wenig amüsiert aber dennoch auch alarmiert durch vorherige Nachrichten und theoretische Erwägungen. Großartig!
Wie wir da gleichsam mit sanfter, aber unbestechlicher Hand durch diese Erlebnisse geführt wurden... Vielen Dank!
Dr. Erika A.
? Liebe Alle 5 !
Bin noch immer beeindruckt und beschäftigt mit Eurer Performance!
Das reicht tief, und Eure beiden Stücke sind auch so eigen, ich denk, sowas kenn ich am Theater nicht, und frage mich warum. Vielleicht geh ich nicht mehr ins Theater, weil ich meistens nicht weiss, was das mit mir und meinem Leben zu tun hat. Eure Stücke berühren das Menschliche so sehr...
Irgendwie fällts mir schwer, adäquate Worte zu finden. - Und davon auch nur ein Auszug und Stammeln:
Diese feine Klinge! Dieses Zurücknehmen! Diese so unglaublich ausserordentliche "Schauspielerei"!!!
Ich habe diese ach so kurzen kleinen "Choreografien" in ihrer leisen Ironie so geliebt!
Die verhaltenen Einschübe von (theoretischem) Text und Film, die Musik ...
Der gesamte Atem, das Tempo, die Ruhe! Doch, jetzt seh ichs klarer: ich finde TraumaCity tiefer, irritierender, als PSYCHIATRIE.
Ich dachte zuerst, dass es "performativer" war, Euch bei Eurer "echten" Arbeit zu sehen, die ja eine gewisse Distanz schon beinhaltet.
Jetzt spielt Ihr in TraumaCity Rollen, nicht so sehr Euch selber, und seltsamerweise geht mich das mehr an, warum auch immer.
Hm. Ich war vorgestern bei einem Wissenschaftssalon von der ARGE Bildungsmanagement, da hat die Frau Mehta was ganz wunderbares gesagt über die Wirkweisen von Therapie ua.
Ich kriegs zwar nicht mehr so recht zusammen, aber der Punkt war, dass inmitten der Intervention bei allem Bemühen um Überprüfbarkeit und Validierung etwas GEHEIMNISVOLLES bleibt, fast etwas magisches, dass im menschlichen Herzen dieses Rätsel schläft, das den Kern des Menschen und seiner Modalitäten ausmacht.
So bleibt auch bei Euch etwas offen, in Schwebe, und in diesem Raum entsteht eine leise Beglückung (ist es das Glück, ein Stück weit erkannt zu werden?)!
Ich danke Euch für Eure Blicke, dass Ihr mich tief in Euch eingeladen habt, Ihr habt mich berührt.
Und speziell die Katharina (vom Freud), die ich schon so lange kenne, von der ich Bilder in mir trage, die ist mir ein so fast erschreckend passendes (seltsam vertrautes) Bild geworden aus der wunderwunderbaren Darstellung, DANKE!
Ich freu mich auch so, wie Ihr Eure Stücke weitertragen könnt!
Wenn die Begriffe nicht schon so abgelutscht wären, tät ich Eure Arbeit als zutiefst humanistisch nennen wollen!
Michaela S.
? Ich war bei der Premiere, das ist wirklich stark - und trotz dieses Inhalts auch irgendwie poetisch und stellenweise sogar witzig.
Da schwingt zusätzlich auch generell eine Erzählung über die Fragilität der menschlichen Existenz mit, finde ich. - Was ja wohl uns alle betrifft.
Habe auch von diesem Ensemble "Psychiatrie" gesehen, das war damals echt überraschend, aber ich finde das jetzige Projekt noch kompakter und faszinierender.
Es ist erstaunlich, dass nur diese Zeitung darüber schreibt und alle anderen Blätter in Wien das ignorieren, obwohl der Inhalt echt spannend und dessen Präsentation bemerkenswert raffiniert ist. Das ist wirklich ein großes Theatererlebnis!
Franz A. - Posting in DER STANDARD
? Wie schon in "Psychiatrie!" nähert sich das Team auch in Traumacity der Ver-rücktheit.
Diesmal sind es die traurig-schaurigen Muster, die Schreckenserfahrungen, Schock und unfassliches, überwältigendes Grauen in die Seelen der Betroffenen zeichnen und die verschlüsselt als Zwangshandlungen, Ängste, Verweigerungen oder als Merkwürdigkeiten an der Oberfläche sozialen Verhaltens erscheinen und stören.
Wieder ruht der Blick der Schauspieler ruhig zugewandt und liebevoll auf den Menschen, deren Alptraumexistenz sie genau und respektvoll mit dem eigenen Körper ergründen, in die Darstellung fassen und mit sanfter Treffsicherheit in den Blick des Publikums wuchten. Scheinbar mühelos und unaufgeregt.
Die Grenze zwischen Virtuosität, Kalkül, Mimesis und blanker Not ist endgültig verschwunden. - Die Spucke ist mir weg geblieben angesichts der Dichte des Leids rund um uns, von dem wir wissend keine Ahnung haben. Und dabei ist wohl jeder von uns, der keine Psychopharmaka braucht, grad um ein Haar davon gekommen. Jeder könnte es ein, jeder kennt wen, und jeder weiß um die Splitter im eigenen Seelenfleisch. Jeder sollte diesen Abend sehen. Einfach jeder.
Noemi F.
?... Es ist mir aber trotzdem ein anliegen, ein paar zeilen zu schreiben, ein spätes, aber sehr ernst gemeintes lob auszusprechen: traumaCity ist mir als ein sehr einprägsamer theaterabend in allerbester erinnerung geblieben, eindrücklich, intensiv, aufrüttelnd, mit langzeitwirkung. schön, wie sich alle beteiligten auf sich selbst, auf ihre stimme, ihre ausdrucksmöglichkeiten und -fähigkeiten verlassen haben, ohne eitelkeit, ohne etwas draufzuklotzen, was den blick auf den inhalt verstellt, wie mit der nötigen distanz bei gleichzeitiger empathie mit der ganz feinen klinge gearbeitet wurde - um eine alte redewendung zu strapazieren.
Ein großes kompliment an das ensemble, sprachlich präzise, schauspielerisch überzeugend! man konnte deutlich spüren, mit welcher konzentration sich die zuschauerInnen auf diesen abend eingelassen hatten (was selbstverständlich auf die leistung der beteiligten SchauspielerInnen zurückzuführen ist) - unternehmt bitte weiter diese Reisen, in Psychiatrien! und Traumacitys und noch an viele andere Orte mehr! Danke!
Sonja L.
? Du meine Güte, was habt ihr da mit uns gemacht? Ich war nach der Vorstellung wie durchgeknetet und es ging mir hervorragend. Ihr müsst diesmal wieder echte Kapazitäten als Berater gehabt haben. Kein Makel!
Albert R.
? Ihr entwickelt hier eine vollkommen neue Theatersprache, die einen sehr hinein nimmt. Ein sehr intensiver und ergreifender Abend. Ich hab wirklich weinen müssen, aber toll!
Barbara S.